Manchmal taucht ein In-Ear-Kopfhörer auf, der einfach alles richtig macht. Der Shanling ME600 ist genau so ein Kandidat – ein technisches Kraftpaket, das nicht nur auf dem Papier beeindruckt, sondern vor allem in den Gehörgängen eines Metal-Liebhabers wahre Glücksgefühle auslöst. Nach stunden‑, wochen- und monatelangem Eintauchen in diese Klangwelt kann ich nur sagen: Leute, hier kommt ein echter Game-Changer zum Preis von 270 Euro. Wir haben die IEMs im gleichen Zuge getestet wie Shanlings M5 Ultra und finden dass sie einen guten Match darstellen.
Unboxing-Erlebnis: Mehr als nur Verpackung
Die Verpackung des ME600 macht sofort klar: Hier wurde an nichts gespart. Die stabile Box vermittelt ein hochwertiges Gefühl, bevor man überhaupt den eigentlichen Schatz darin entdeckt. Nach dem Öffnen blickt man auf die perfekt im Schaumstoff eingebetteten In-Ears und das Zubehör.





Apropos Zubehör: Shanling übertreibt es fast mit der Großzügigkeit. Ihr bekommt eine massive Auswahl an Ohrstöpseln – vier komplette Sets plus zwei Varianten aus Schaumstoff. Dazu kommen drei austauschbare Klangdüsen (klar, schwarz und rot), die tatsächlich hörbare Unterschiede im Sound bewirken. Es gibt einen kleinen Reinigungspinsel und natürlich ein hochwertiges Kabel mit modularem Design, das sowohl 3,5mm- als auch 4,4mm-Anschlüsse unterstützt.



Die mitgelieferte Transportbox ist ein echter Hingucker: Grünes Leder mit einem eleganten braunen Streifen. Nicht wasserdicht oder besonders robust (unsere halbiert sich schon in der Mitte), aber definitiv stilvoll genug, um damit anzugeben. Die Box bietet ausreichend Platz für die In-Ears samt Kabel und vielleicht sogar einen kleinen Dongle.




Fertigungsqualität: Wie ein kleiner Panzer für die Ohren
Wenn es ein Wort gibt, das die Fertigungsqualität des ME600 perfekt beschreibt, dann ist es “massiv”. Diese Dinger sind wie kleine Metallpanzer konstruiert. Die Metallschalen fühlen sich unglaublich stabil an, und das Frontdesign mit seinen eingravierten Rillen ist nicht nur optisch beeindruckend, sondern auch haptisch spürbar.
Die Form ist zwar nicht klein, aber trotzdem erstaunlich komfortabel. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase sitzen die ME600 perfekt im Ohr und lassen sich auch für längere Hörsessions problemlos tragen. Die Düsenlänge ist etwas länger als durchschnittlich, was für besseren Halt sorgt und die Verwendung verschiedener Ohrstöpsel erleichtert.
Einziger kleiner Kritikpunkt: Die Gummidichtungen an den austauschbaren Düsen rutschen manchmal, wenn man die Ohrstöpsel wechselt. Ein kleines Ärgernis, aber definitiv kein Deal-Breaker angesichts der ansonsten hervorragenden Fertigungsqualität.
Das mitgelieferte Kabel ist eine Wucht – gut verarbeitet, kaum anfällig für Kabelsalat und mit geformten Ohrbügeln, die perfekt sitzen. Die MMCX-Anschlüsse sind solide und passen optisch perfekt zum Design der In-Ears. Tatsächlich ist das Kabel so gut, dass ich nicht einmal daran gedacht habe, es auszutauschen – und das will bei einem Audiophilen Nerd schon etwas heißen!


Technik, die begeistert: Das Innenleben des ME600
Unter der Haube verbirgt sich ein wahres Kraftpaket: Zwei 6mm Bio-Composite-Membran-Treiber für den Bass, kombiniert mit drei Balanced-Armature-Treibern für Mitten und Höhen. Die Impedanz liegt bei 16 Ohm, die Empfindlichkeit bei 100 dB – auf dem Papier also durchschnittliche Werte, aber in der Praxis zeigt sich schnell, dass diese kleinen Monster richtig Dampf machen können.
Besonders beeindruckend ist der interne Aufbau: Shanling verwendet ein 3D-gedrucktes Gehäuse, das die Treiber optimal positioniert und zwei Helmholtz-Resonatoren integriert, die für die Klangabstimmung sorgen. Hinzu kommt ein röhrenloses Design, bei dem der Klang direkt aus den Treibern kommt, ohne durch zusätzliche Kanäle geleitet zu werden – das sorgt für eine besonders natürliche und kohärente Wiedergabe.
Die austauschbaren Klangdüsen sind keine Marketing-Gimmicks, sondern verändern die Klangcharakteristik spürbar, vor allem in den Höhen. Die mittlere Abstimmung (schwarze Düse) bietet die ausgewogenste Präsentation, während die rote Düse die Höhen etwas zurücknimmt – perfekt für empfindliche Hörer. Die klare Düse hingegen verstärkt die Präsenz im oberen Frequenzbereich und eignet sich für Detailhörer.
Klangcharakter: Basslastig, warm und verdammt gut für Metal
Lassen wir es gleich raus: Der ME600 ist ein unentschuldigter Bass-Liebhaber. Er macht keinen Hehl daraus, dass er im Tieftonbereich ordentlich zulangen kann, vor allem im Mid-Bass-Bereich. Man könnte meinen, dass zwei kleine 6mm-Treiber nicht genug Power haben könnten, aber das Gegenteil ist der Fall: Die Kombination aus Bio-Composite-Material und dem cleveren akustischen Design sorgt für einen erstaunlich kräftigen, aber dennoch kontrollierten Bass.
Der Subbass rollt zwar etwas ab, aber das fällt kaum auf, weil der Mid-Bass so präsent und befriedigend ist. Es ist, als hätte man zwei 15-Zoll-Woofer in einem Bassreflexgehäuse statt 8‑Zöller in einer geschlossenen Box – mächtig, aber trotzdem kontrolliert.
Die Mitten sind trotz der Bass-Betonung erstaunlich klar und natürlich. Bei vielen bassbetonten In-Ears leiden die Mitten unter dem “Bass-Bleed”-Effekt, aber der ME600 hält die Frequenzbereiche sauber getrennt. Vocals, sowohl männliche als auch weibliche, kommen wunderbar zur Geltung. Sie klingen voll, natürlich und organisch – selbst bei Songs mit heftigem Bassfundament.
In den Höhen zeigt der ME600 – zumindest mit den mittleren (schwarzen) Düsen – eine angenehm glatte, aber dennoch detailreiche Wiedergabe. Keine Spur von BA-Timbre oder Sibilanz, die oft bei In-Ears mit Balanced-Armature-Treibern im Höhenbereich auftreten. Die Höhen verleihen dem Klang Luft und Leben, ohne je unangenehm oder ermüdend zu werden.
Bühne und Imaging: Überraschend räumlich
Die Bühne des ME600 ist ein echtes Highlight. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber diese In-Ears schaffen es irgendwie, eine unglaublich immersive räumliche Darstellung zu erzeugen. Man hört nicht nur, wo die Instrumente positioniert sind, sondern fühlt sich regelrecht mitten im Geschehen.
Diese räumliche Qualität ist vermutlich ein Ergebnis der geschickten Treiberplatzierung, des röhrenlosen Designs und des BA-Treibers in der Düse. Wie auch immer Shanling es geschafft hat – es funktioniert hervorragend und hebt den ME600 von vielen Konkurrenten ab.
Musikgenre-Kompatibilität: Metal und Bässe auf Steroiden
Der ME600 ist ein wahrer Allrounder, aber es gibt Genres, bei denen er regelrecht aufblüht. Bei Metal ist er schlichtweg phänomenal.
Ob Whitechapel, Lorna Shore oder Brand of Sacrifice – der ME600 liefert die perfekte Mischung aus druckvollem Bass, klaren Mitten für Vocals und genügend Höhen, um die Details nicht zu verschlucken. “Pain Remains” von Lorna Shore klingt, als würde man vor den großen Stacks bei einem Live-Konzert stehen – autoritativ und mächtig.
Bei ruhigeren, vokallastigen Tracks macht der ME600 immer noch einen guten Job, auch wenn man merkt, dass er sich hier etwas zurückhält – als würde er nur darauf warten, wieder bei basslastigerer Musik zeigen zu dürfen, was in ihm steckt.
Für wen ist der ME600 gemacht?
Der Shanling ME600 ist die perfekte Wahl für:
- Metal-Heads, die einen In-Ear mit genug Power für ihr Lieblingsgenre suchen
- Bass-Liebhaber, die trotzdem Wert auf klare Mitten und nicht-ermüdende Höhen legen
- Audiophile, die eine warme, bass-betonte Abstimmung bevorzugen
- Alle, die einen hochwertig verarbeiteten In-Ear mit exzellentem Zubehör suchen
Weniger geeignet ist er für:
- Höhen-Enthusiasten, die nach einem analytischen, hell abgestimmten In-Ear suchen
- Puristen, die eine absolut neutrale Wiedergabe bevorzugen
- Menschen mit sehr kleinen Ohren, die mit der Größe der Gehäuse Probleme haben könnten
Fazit: Ein bass-starkes Meisterwerk
Nach intensivem Testen kann ich nur zu einem Schluss kommen: Der Shanling ME600 ist ein audiophiles Kraftpaket, das genau weiß, was es sein will – und das verdammt gut umsetzt. Es ist ein In-Ear mit Charakter, der sich nicht entschuldigt für seinen kraftvollen Bass und seine warme Abstimmung.
Für 270 Euro (oder weniger, wenn man zum richtigen Zeitpunkt zuschlägt) bekommt man hier ein komplettes Paket: hervorragende Fertigungsqualität, erstklassiges Zubehör, verschiedene Klangoptionen und vor allem einen Sound, der bei den richtigen Genres absolut süchtig machen kann.
Der ME600 ist ein würdiger Nachfolger für jeden, der einen hochwertigen, basslastigen In-Ear sucht, der trotzdem ausgewogen genug für den täglichen Gebrauch ist. Wenn du Deathcore, Metalcore oder andere Bass-intensive Genres hörst, solltest du dir den Shanling ME600 unbedingt anhören – deine Ohren werden es dir danken.
Der Shanling ME600 hat definitiv einen permanenten Platz in meiner Sammlung verdient.


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