Ich hatte vor ein paar Wochen schon mal geschrieben: ich hab Bock auf Vinyl… halt so ne Platte auf nen Teller werfen und analoge Musik hören. Als Genuss und nicht Beschallung. Quasi aktiv mit manueller Arbeit und einem physikalischen Medium.
Ging es erstmal um die Einrichtung und ersten Gehversuche, habe ich jetzt natürlich schon ein wenig dazu gelernt. Zum Beispiel: warum verwenden manche Hersteller noch so mistige Papp-Sleeves um die Platten zu verpacken und auszuliefern? Die Platten mögen offensichtlich eigentlich genau eben solche rauhen Papp-Dinger gar nicht und neigen dann direkt dazu so ganz feine Kratzerchen zu bekommen, wenn man sie aus dem Sleeve zieht. Ätzend. Vielleicht machen diese Haar-feinen Kratzer nix, aber ist halt schon frustrierend.
Auch habe ich gelernt, dass egal was man mit den Platten macht. Wenn sie neu sind, sind sie teilweise schon mit Flusen verseucht. Da kannste anscheinend erstmal nix machen. Ich so ne Platte mit meinem bei Youtube gelernten “Platten-Affen-Griff”, Daumen an die Kannte, Mittelfinger irgendwie ans Label/Plattenloch gefummelt, rausgepopelt und was muss ich entdecken? Flusen natürlich. Ätzend. Aber ich bin ja mit so ner coolen Kohlefaserbürste bewaffnet.
Plattenbürsten action
Auch wieder so ne Sache für sich übrigens… wie bürstet man jetzt richtig? Plattenteller angeworfen, Bürste angesetzt und die Drehung den Rest machen lassen. Festgestellt, wenn man zu feste drückt, gibt das auch so feine Kratzer auf der Platte. Argh! Aber manche Flusen sind nunmal hartnäckig und Fettgriffel haben immer noch nix an der Platte zu suchen. Okay, lerne: Sanft bürsten. Wird nicht immer perfekt, aber vielleicht ist fast perfekt ja perfekt… logisch oder? Jedenfalls wird das geknister weniger. Immerhin.
Hatte ich nicht auch erwähnt, dass ich so nen Flusen an der Nadel hatte? Die Stylus-Bürste hab ich natürlich auch ausprobiert. Klappt und musste ich bisher irgendwie nur einmal anwenden. Passt also. Wer seine Platte sauber hält hat also damit weniger Probleme.
Wie ist denn nu so ne Vinyl?
Also erstmal muss ich sagen, dass ich ein wenig shoppen war. Hab mir Gedanken gemacht, was so die Alben sind die ich mit am meisten per Stream gehört habe. Spotify sei Dank, dass just der Jahresrückblick 2023 rausgekommen ist und ich wieder erinnert wurde das ich 193.000 Minuten gestreamt habe. Also ein Junkie zu sein scheine. Jedenfalls hab ich dem Shoppingrausch gefröhnt und mir nen paar Platten zugelegt. Logischerweise nur geilen Scheiß, mit welchem ich sicherlich jeden High-End’er und Platten-Narr jagen könnte.
Aber so bin ich nunmal! Unkonventioniell. Hat da so nen geilen Plattenspieler stehen und schruppt da nur üblen Metal drauf! Ja mann! Los ging es mit… Trommelwirbel… Lorna Shore natürlich. Direkt mal Deathcore zum Einstieg. Im speziellen natürlich das fulminate erste Album mit Neuzugang Will Ramos, Pain Remains.
Lorna Shore — Pain Remains
Boom! Also ich muss mal sagen: holt mich ab der ersten Sekunde ab. Der Klang ist definitiv nicht mehr mit Streaming vergleichbar. Gefühlt sehr fein aufgelöst und das Stimme zu Instrumente-Verhältnis passt. Gute Auflösung mach ich im speziellen immer an sowas aus wie: wie gut sind die Drums und Becken zu hören. Gerade bei den Becken muss es definiert sein. Im Streaming zum Beispiel ist es oft der Fall, dass Becken eher zu so ner verwaschenen Klitsch-Klatsch Masse verschmilzen und ich nicht genau heraushören kann wie diese einzeln angeschlagen werden. Es gleicht eher einem Brei aus Crashbecken. Das ist auf Platte ganz anders. Man hört jeden Anschlag fein heraus und kann so erahnen, wie der Drummer hier abgeht. Aber auch die Bassdrum muss einen gewissen Punch haben. Natürlich wird es nie so wie Live, aber es muss halt trocken und definiert sein. Bei der Stimme hat man ein gewissen Maß an Klarheit. Ja ich weiß, die Vocals von Will sind für viele alles andere als klar, aber ich denke selbst hier hört man himmelweite Unterschiede.
Natürlich gibt es hier kein schnauben und schnaufen durch zu empfindliche Mikros aber gerade bei Höhen durch S‑Laute sind scharf und deutlich. Aber generell ist Will’s unglaubliches Gesangstalent um einiges deutlicher. Gerade in Passagen á la Gollum oder Bleghs. Tiefe Growls mit viel Volumen oder hohe Squeels. Allgemein kann man sagen es fühlt sich alles direkter an. Der eine mag von belegt reden wenn er streaming umschreibt, oder manch einer von Vorhang. Kann man so sehen, aber ich bin vorsichtig mit so Umschreibungen, da ich hier nicht in die Voodoo-Ecke will.
Nirvana (Best Of)
Noch so nen Ding. Angebot gesehen und direkt mal für nen 10er eingesteckt. Auf den Teller geworfen und muss sagen. Geil. Also auch hier erstmal: Hut ab! Die Qualität der Aufnahmen überzeugt. Was man sogar total merkt: Die Aufnahmen auf der Best Of Platte wurden natürlich aus den drei Alben der Band zusammengestellt und hier ist total interessant, dass man die Unterschiede der Produktion der drei Alben total raushören kann. Ob ich jetzt die eine oder andere Produktion besser finde, mag ich gar nicht beurteilen. Generell klingen sie alle authentisch und das ist es glaube ich was es ausmacht. Ich bin der Meinung den Aufnahmeraum förmlich zu hören. Wo und wie die einzelnen Instrumente im Raum platziert sind und die Klangcharakteristik ausmachen. Super cool. Vielleicht für den geneigten Streamer etwas ungewohnt, weil es dann doch ein wenig roh anmutet, aber für den mit Musiker-Genen natürlicher. Kommt einem das Gestreamte doch ein wenig weichgespült vor. Allem vorran natürlich in meinen Ohren erstmal das Schlagzeug. Trockene Bassdrum, satte definierbare Becken. Beim Gesang super klar und hier hört man wirklich den Raum. Eben weil er nicht tod ist, sondern ein wenig Hall hat, ein wenig dumpf, ist aber dennoch perfekt, passt. In ruhigeren Gitarrenpassagen das gleiche Bild. Auch hier kann man die Umgebung wahrnehmen und das macht es ein wenig heimeliger. Durch und durch stark.
Fortschritte
Okay. Haben wir mal was zu zwei Platten gesagt und in Zukunft werde ich hierzu noch mehr sagen, aber da es hier ja auch so ein wenig um das warum und wieso gehen soll, fange ich mal an so ein wenig meine Fortschritte in Sachen Vinyl zu beleuchten.
Also ich habe mir die Vinyl ja wieder auf den Zettel geholt gerade um Musik zu genießen (ich berichtete). Genau das habe ich in den letzten Wochen getan. Weniger als gewollt aufgrund von Feiertagen, Familie und Drumherum aber dennoch versucht, sie als meine persönliche Auszeit zu nehmen. Einfach mal Zeit nehmen für Musik und dann detoxing von digitalen Medien. Eben nicht das Handy als Begleitung zur Hand haben, sondern einfach mal die Augen schließen und die Musik in den Vordergrund zu stellen. Klappte mal mehr und mal weniger, ist halt so wie immer bei guten Vorsätzen.
Der Reinigungsgroove hat sich natürlich mittlerweile sofort eingestellt. Platte mit dem Affen-Griff aus dem Sleeve raus und auf den Plattenteller. Bürste vorsichtig drüber und genießen. Klappt bisher gut und so macht es wahrhaftig einen heiden Spaß. Bleibt erstmal zu sagen: jau, Experiment läuft wie erwartet und mit Freude und Spannung wird jetzt Richtung der nächsten Platten geguckt, welche auf dem Weg sind. Hier natürlich dann gleich der Hinweis: es geht weiter und ich habe noch so einiges zum Thema zu brichten. Dies aber dann erst im nächsten Post.